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Status der Nutzung digitaler Identitäten in Italien 2022

(MAILAND / SENIGALLIA) – 1. Dezember 2022 – Im Jahr 2022 hat Italien große Fortschritte in der Nutzung digitaler Identitäten gemacht, wie kürzlich veröffentlichte Daten des Digital Identity Observatory an der School of Management der Polytechnischen Universität Mailand aufzeigen. Die detaillierten Forschungsergebnisse, die auf eingehenden empirischen Untersuchungen und Analysen basieren, wurden am 11. November 2022 auf der Konferenz Digital Wallet: Identity (r)evolutionpräsentiert und werden in diesem Artikel vorgestellt.

Namirial unterstützt die Arbeit des interdisziplinären Think Tanks von Professoren, Forschern und Analysten, in dem zentrale Fragen der digitalen Innovation behandelt werden. Das unabhängige Forschungsprojekt zu digitalen Identitäten wurde initiiert, um das Verständnis für das Potenzial digitaler Systeme zur Identifizierung und Authentifizierung zu erweitern. Experten von Namirial bringen ihr Fachwissen in dieses Forschungsprojekt seit dessen Start Anfang 2020 mit ein. Antonio Taurisano, Geschäftsführer für den Bereich internationale Märkte bei Namirial, teilt seine Erfahrungen rund um digitale Identitäten auf globaler Ebene.

  • Im September 2022 waren 54 % der italienischen Bürger im Besitz einer digitalen Identität, gegenüber 43 % im Oktober 2021. 
  • Insgesamt liegt die Rate der Nutzung digitaler Identitäten in Italien in einer ähnlichen Größenordnung wie in Frankreich (60 %) und Belgien (56 %) und weit vor den Nutzungsraten in den deutschsprachigen Ländern. 
  • Der höchste Grad der Nutzung digitaler Identitäten unter den Bürgern in der EU wurde in den Niederlanden (95%), Norwegen (79%) und Schweden (78%) verzeichnet. 

Insgesamt hat sich die Nutzung der Systeme für digitale Identitäten unter Bürgern und Unternehmen fortgesetzt. In einigen Ländern wurden 2022 große Fortschritte in der Nutzung digitaler Identitäten verzeichnet. Betrachtet man die Nutzung in der EU insgesamt, ist das Wachstum anno 2022 im Vergleich zum Wachstum anno 2020 und 2021 jedoch deutlich geringer.  

Die nachstehende Karte der Verbreitung digitaler Identitäten zeigt in erster Linie Systeme, die nicht auf Smart Cards basieren – mit Ausnahme der deutschen eID auf dem Personalausweis, die voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2023 auch als eID auf Smartphones (als „Smart-eID“) verfügbar sein wird. Die Karte bietet keinen vollständigen Überblick über alle Systeme, sondern eine Momentaufnahme einiger wichtiger Systeme. 

 

Die Erfolge Italiens in der Nutzung elektronischer Identitäten beruhen in erster Linie auf dem  Öffentlichen System für Digitale Identitäten (Sistema Pubblico di Identità Digitale, SPID). Dieses nationale System ermöglicht Bürgern, Personen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung und Unternehmen den Online-Zugang zu Diensten der öffentlichen Verwaltung.

  • Eine digitale Identität zur Nutzung dieses Systems können italienische Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren sowie Ausländerinnen und Ausländer mit Genehmigung für dauerhaften Aufenthalt und Wohnsitz in Italien beantragen.
  • Seit September 2018 ist SPID bei der Europäischen Kommission notifiziert als ein System für elektronische Identitäten gemäß der EU-Verordnung 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS).
  • Namirial ist einer von zehn Anbietern digitaler Identitäten innerhalb dieses Systems, das nach der technischen Norm EN 391 401 des ETSI von Bureau Veritas geprüft wird.

Die nachfolgenden Daten wurden vom Digital Identity Observatory auf einer Konferenz an der Polytechnischen Universität Mailand am 11. November 2022 vorgestellt, und ergänzt um einige weitere, erst kürzlich veröffentlichte Daten: 

 

Nutzung des Öffentlichen Systems für digitalen Identitäten in Italien

Das öffentliche digitale Identitätssystem SPID ist das bei weitem am schnellsten wachsende System für digitale Identitäten in Italien mit mehr Nutzern als das System für die elektronische Identifizierung auf der Grundlage des nationalen Personalausweises (Carta d’Identità elettronica, CIE).

  • Ende November 2022 erreichte die Zahl der in SPID ausgestellten digitalen Identitäten insgesamt mehr als 33 Millionen Nutzer – 63 % der erwachsenen Bevölkerung in Italien. Alle italienischen Bürger zwischen 18 und 24 Jahren verfügen über eine aktivierte  digitale Identität. Nachholbedarf gibt es in der Bevölkerung über 75 Jahren: Dort hat bislang weniger als jeder Vierte seine digitale Identität aktiviert.
  • Von Januar bis Oktober 2022 verzeichnete das öffentliche digitale Identitätssystem 747,7 Millionen Zugriffe. Die Marke von 80 Millionen Zugriffen pro Monat wurde in mehreren Monaten übertroffen. Die digitale Identität im SPID-System wurde von den Italienern im Durchschnitt 25 Mal pro Jahr genutzt (22 Mal im Jahr 2021, 9 Mal im Jahr 2020). 
  • Mittlerweile ist die Nutzung der digitalen Identität für den Zugang zu Dienstleistungen von staatlichen und privaten Dienstleistern alltäglich. Anwendungsfälle, mit denen regulatorische Anforderungen erfüllt werden, wie z. B. der Zugang zu Cashback-Systemen oder der Covid Green Pass, sind nicht mehr die häufigsten Anlässe für die Nutzung der digitalen Identität.
  • Die Regionen mit der höchsten Verbreitung der digitalen Identität sind Latium (74 %), Lombardei (70 %) und Emilia-Romagna, Kampanien und Piemont (62 %), die geringste Verbreitung ist in Molise (52 %), Marken (53 %) und Kalabrien (54 %) zu verzeichnen.

🔗  Digitalagentur für Italien: Fortschritt in der digitalen Transformation (in italienischer Sprache) 

Nutzung der Digitalen Identität durch öffentliche Verwaltungen und Unternehmen

Das öffentliche digitale Identitätssystem wird nicht nur von Bürgern, sondern auch von öffentlichen und privaten Dienstleistern genutzt.

  • Mehr als 12.000 öffentliche Verwaltungen bieten bis November 2022 mindestens einen Dienst online über SPID an.
  • 141 private Unternehmen hatten sich bis Oktober 2022 SPID angeschlossen (19 an CIE). Potenziell sind fast 175.000 Unternehmen an einem Beitritt zu SPID interessiert, was die hervorragenden Wachstumschancen zeigt, die sich in naher Zukunft ergeben könnten.

Die Pandemie hat große Unternehmen dazu veranlasst, für das Onboarding neue Methoden (z. B. die Fernidentifizierung) anzubieten, um die Geschäftskontinuität zu gewährleisten. Die italienischen Unternehmen sind allerdings noch weit von einer ausgereiften und strategischen Vision der digitalen Identität entfernt. 80 % der großen italienischen Unternehmen in den Sektoren Finanzen, Telekommunikation und Versorgung ermöglichen eine Fernidentifizierung ohne eine Filiale des Unternehmens oder eines Dienstleisters zur Identifizierung aufsuchen zu müssen.

Die Unternehmen haben damit begonnen Verfahren ohne Passwörter oder PINs zu integrieren und sie durch andere Faktoren zu ersetzen, wie den Versand per SMS oder E-Mail mit One-Time-Passwords (42 % der Fälle) oder Apps zur Erzeugung von OTPs oder Push-Benachrichtigungen (18 %) oder biometrische Faktoren (nur 8 % der Fälle). Selbst in fortgeschrittenen Unternehmen mangelt es jedoch an einer angemessenen internen Struktur, die sich mit der Verwaltung digitaler Identitäten beschäftigt. 63 % der Unternehmen in diesen Sektoren haben sich noch gar nicht mit der Integration der auf nationaler Ebene zertifizierten Systeme SPID oder CIE beschäftigt.

 

Nationale Regulierung macht in Italien gute Fortschritte 

Italien hat im Jahr 2022 einige wesentliche Fortschritte bei der Regulierung der Nutzung der digitalen Identität gemacht:

  • Die Rolle der privaten Aggregatoren von Diensten wurde definiert, wodurch der Beitrittsprozess für Unternehmen in administrativer und technologischer Hinsicht vereinfacht wurde. 
  • Es wurden Leitlinien für die Verwalter qualifizierter Attribute (wie Berufsregister und Universitäten) herausgegeben, die in der Lage sein werden, Qualifikationen zu zertifizieren, die in den Datensatz des öffentlichen Systems für digitale Identitäten integriert werden sollen. 

 

Best Practices von Namirial zur Förderung der Anwendung digitaler Identitäten  

Namirial ist von der Agentur für digitales Italien (AgID) als einer von zehn Anbietern elektronischer Identitäten (eID) für das Öffentliche System für digitale Identitäten SPID akkreditiert. Über dieses System werden „Namirial IDs“ – digitale Identitäten natürlicher und juristischer Personen – ausgestellt und verwaltet.

Die Identifizierung für die Bereitstellung einer elektronischen Identität kann online oder im physischen Kontakt erfolgen

  • basierend auf elektronischem Zertifikat für elektronische Signatur – durch Herunterladen eines Anmeldeformulars, elektronischen Signieren und anschließendem Upload 
  • basierend auf der elektronischen Identität auf dem italienischen Personalausweis (Carta d’Identità Elettronica, CIE) – mit Hilfe eines NFC-fähigen Smartphones und der CIEiD-App
  • basierend auf einem elektronischen Zertifikat auf der italienischen Gesundheitskarte (Tessera Sanitaria, TS) oder der nationalen Karte für Dienstleistungen (Carta Nazionale dei Servizi, CNS) – durch Einsetzen der Karte in das Lesegerät und Eingabe der PIN
  • basierend auf einer Identifizierung per Video in Echtzeit mit einem eigens dafür ausgebildeten Spezialisten von Namirial
  • von Angesicht zu Angesicht durch speziell für die Identifizierung geschulte Mitarbeiter in den Filialen von Coop, und nach nach vorheriger Terminabsprache in den Büros von Namirial in Italien sowie am Hauptsitz von Namirial in Senigallia

Namirial unterstützt auch die Professional SPID, eine besondere Form des italienischen Systems der öffentlichen digitalen Identität, die es Angehörigen der Rechtsberufe und Unternehmen ermöglicht, Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung und privater Einrichtungen in Anspruch zu nehmen.

🔗 Informationen zum Angebot von Namirial für SPID (in italienischer Sprache) 

 

The next Big Thing: Digital Identity Wallets 

Im Markt für digitale Identitäten wird das im Juni 2021 vorgestellte  Konzept der Europäischen Kommission für einen Rahmen für eine europäische digitale Identität (EUid) weitgehend begrüßt. Mit Hilfe von digitalen Brieftaschen (“ID Wallets”) soll es Benutzern ermöglichen ihre digitale Identität in einer App auf dem Smartphone zu speichern, um

  • sich online und offline auszuweisen,
  • amtliche Informationen wie Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit zu speichern und vorzuweisen,
  • Informationen aus verlässlichen privaten Quellen zu speichern und weiterzugeben,
  • anhand der Informationen ein Recht nachzuweisen, z. B. das Recht, sich in einem bestimmten Mitgliedstaat aufzuhalten, zu arbeiten oder zu studieren.

Die bevorstehende Revision der EU-Verordnung 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste könnte die Grundlage für eine echte Revolution in diesem Markt bilden.

„Das Referenz-Ökosystem der digitalen Identität durchläuft weltweit eine intensive Entwicklung hin zu zunehmend interoperablen und länderübergreifenden Systemen für digitale Identitäten“, erklärt Giorgia Dragoni, Direktorin des Digital Identity Observatory. „Sowohl traditionelle Subjekte als auch BigTechs bewegen sich in Richtung einer digitalen Brieftasche. Letztere beginnen, mehr Geschäftsmöglichkeiten in sicheren und zertifizierten Identitäten zu sehen, sie bieten sich als technologische Partner von institutionellen Einrichtungen in verschiedenen Ländern an, indem sie ihr Fachwissen über die Interoperabilität und Nutzbarkeit ihrer Anwendungen zur Verfügung stellen, zusätzlich zu der großen Nutzerbasis, die derzeit bereits die von ihnen angebotenen Lösungen nutzt.“

 

Unternehmen sollten sich jetzt mit den Einflüssen digitaler ID Wallets beschäftigen  

Die Unternehmen agierten bislang vorwiegend auf Abteilungsebene, entwickelten keine interoperablen Systeme entwickelt und agieren ohne Überblick. Nur 12 % ziehen bislang die Möglichkeit in Betracht, das Ident-Profil von Nutzern so zu erweitern, dass diese durch die Logik einer digitalen Wallet auch auf andere Dienste Dritter zugreifen können. Trotz aller regulatorischen Eingriffe sind Möglichkeiten zur Nutzung von SPID und CIE offensichtlich noch ausbaufähig: trotz aller regulatorischen Eingriffe, um diese Systeme attraktiver zu machen.

Das italienische Ökosystem muss sich auf den Wandel vorbereiten, den Wallets für digitale Identitäten mit sich bringen“, sagt Luca Gastaldi, Direktor des Observatoriums für Digitale Identitäten. „Es ist wichtig, eine größere Sensibilität und ein Bewusstsein für die Bedeutung einer interoperablen digitalen Identität zu entwickeln, um Synergien zwischen den Sektoren und zwischen verschiedenen nationalen Kontexten zu schaffen. 

Gleichzeitig muss an SPID und CIE gearbeitet werden, damit sie für einen durch regulatorische Entwicklungen erweiterten Wettbewerbsbereich bereit sind. Die Kontrolle über die technischen Mittel und die in der Brieftasche enthaltenen Daten in die Hände einiger weniger Akteure zu legen, würde uns von diesem Wandel abschneiden, die Bemühungen um ein System, das den Nutzer und die Kontrolle über seine Daten in den Mittelpunkt stellt, zunichte machen und die nationalen Systeme, in die in den letzten Jahren investiert wurde, verzerren.”